Änderungen des Bewertungsgesetzes durch das JStG 2022

1. Hintergrund

Durch das nunmehr auch vom Bundesrat am 16. Dezember verabschiedete Jahressteuergesetz 2022 (JStG 2022) werden insbesondere das Ertrags‐ und
Sachwertverfahren zur Bewertung bebauter Grundstücke sowie die Verfahren zur Bewertung in Erbbaurechtsfällen und Fällen mit Gebäuden auf fremdem Grund und Boden an die geänderte Immobilienwertermittlungsverordnung (ImmoWertV) vom 14. Juli 2021 (BGBl. I S. 2805) angepasst. Insbesondere sollen dabei die Liegenschaftszinssätze (§ 188 Abs. 2 Satz 2 BewG) und die Wertzahlen für das Sachwertverfahren (§ 191 Satz 2 BewG i.V.m. Anlage 25 zum BewG) an das aktuelle Marktniveau angepasst werden.Die Änderungen werden für Bewertungsstichtage nach dem 31.12.2022 gelten.

Die wesentlichen Änderungen im Überblick:

Quelle: Steuerseminare Graf, 2022, Zusatzinformation: Aktuelles Steuerrecht IV 2022, S.1-2.

2. Praktische Auswirkungen

Die Systematik der Bewertungsverfahren bleibt unverändert. Insbesondere ist darauf hinzuweisen, dass bereits im „aktuellen Recht“ im Rahmen des
Ertragswertverfahrens, sowohl bei der Ermittlung der Bewirtschaftungskosten als auch bei der Ermittlung des Liegenschaftszinssatzes stets vorrangig entsprechende Daten von Gutachterausschüssen heranzuziehen sind (§ 187 Abs. 2 Satz 1 bzw. § 188 Abs. 2 Satz 1 BewG).  

Auch beim Sachwertverfahren spielen die von den Gutachterausschüssen ermittelten Wertzahlen bzw. Sachwertfaktoren nach § 191 Abs. 1 BewG eine
wertentscheidende Rolle. Die im Gesetz dargestellten Parameter (Anlage 23 BewG für die Bewirtschaftungskosten, § 188 Abs. 2 BewG für die
Liegenschaftszinssätze sowie Anlage 25 für die Wertzahlen) sind somit immer nur nachrangig anzuwenden.

D. h. eine pauschale Aussage über die Erhöhung der Bewertung für Zwecke des ErbStG ist unseriös und praktisch unzutreffend. Es muss vielmehr
individuell für jede zu übertragende Einheit geprüft werden, ob die Gutachterausschüsse bereits entsprechende Daten festgestellt haben. Ist dieses der Fall, greifen die Änderungen insbesondere des pauschalierten Liegenschaftszinssatzes gem. § 188 BewG (dieser ist maßgebend für den Kapitalisierungsfaktor der Anlage 21 BewG) von vornherein nicht! In diesen Fällen ist der Handlungsbedarf als gering einzuschätzen.

Insbesondere in Gegenden, in denen der Gutachterausschuss keine Liegenschaftszinssätze veröffentlicht, können die Änderungen des BewG
jedoch zu nicht unerheblichen Wertsprüngen in der Bewertung führen. Gestaltungen, wie das Zusammenlegen mehrerer Wohnungen (Vergleichs‐ oder Sachwertverfahren) zu einem Mietwohngrundstück (Ertragswertverfahren), können hier zukünftig weniger steuerliche Vorteile bringen als bisher. Anzumerken ist jedoch, dass die Anpassungen lediglich zu realistischeren Grundbesitzwerten führen, was bei den Steuerpflichtigen hiervon unbenommen natürlich als „Verschärfung“ wahrgenommen wird.

3. Erhöhung der Freibeträge?

Eigentlich wies alles darauf hin, dass sich Bund und Länder als „Quasi‐Ausgleich“ auf eine Erhöhung der Schenkungsteuerlichen Freibeträge einigen
würden. FinMin. Christian Lindner signalisierte hier die Bereitschaft des Bundes zu einer mind. 25 %‐igen Erhöhung („Bei der Erbschaftsteuer liegt der Ball jetzt auf dem Elfmeterpunkt ‐ jetzt müssen die Länder nur entscheiden ob sie den Treffer landen wollen oder nicht").

Ein entsprechender Antrag Bayerns fand jedoch keine Mehrheit im Bundesrat, da dieser gleichzeitig mit der Forderung „Regionalisierung der Erbschaftsteuer“ verbunden wurde. Insoweit kann nur darüber spekuliert werden, ob es Bayern hier überhaupt darum ging, eine gesetzliche Änderung tatsächlich noch zu erreichen.

Dennoch ist es nicht ausgeschlossen, dass eine entsprechende Diskussion noch einmal im Laufe des Jahres 2023 entfacht wird.  

 

4. Handlungsoptionen

Um sich alle Möglichkeiten offenzuhalten kann aktuell nur empfohlen werden, entsprechende Übertragungen zum Jahresende mit einer entsprechenden steuerlichen Rückforderungsklausel zu ergänzen. Diese könnte wie folgt formuliert werden:


„Dem Veräußerer steht (darüber hinaus) ein Rückforderungsrecht des übertragenen Grundvermögens einschließlich etwaiger Surrogate zu, wenn sich das Schenkungssteuerrecht oder seine Anwendung (etwa hinsichtlich der Rechtsvorschriften zum maßgeblichen Wertansatz des Grundvermögens) nach dieser Zuwendung in einer Weise ändert, dass sich nach dieser Änderung für die betreffende Übertragung im Vergleich zum geltenden Recht eine geringere
Steuerbelastung, eine spätere Fälligkeit der Steuer oder die Möglichkeit ihrer Vermeidung bei Eintritt zusätzlicher Bedingungen ergibt.

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